Inhaltsangabe
Stellen Sie sich für einen Moment vor, sie sind CEO einer großen Firma. Ihr Unternehmen soll nun mit einem anderen Unternehmen fusioniert werden. Sie werden in der Funktion des CEO bleiben, wenn es Ihnen gelingt, den Merger erfolgreich umzusetzen. Das sollte doch machbar sein, oder? Schließlich wurden die wirtschaftlichen Vorteile des Zusammenschlusses durch viele Berechnungen und Modelle angekündigt.
Hinweis: Schauen Sie sich für weitere tolle Einblicke in die Thematik Change Management den Impulsvortrag von Wladislaw Jachtchenko zum Thema „Change Management durch Divergenz“ an:
Gleichzeitig lesen Sie aber in der Fachliteratur, dass Change Projekte dieser Größenordnung in mehr als der Hälfte der Fälle scheitern. Besonders hoch ist die Misserfolgsquote bei Unternehmenszusammenschlüssen. 83% der Merger bringen nicht den erwarteten Gewinn laut einer KPMG-Studie.
Und tatsächlich liegt es oft nicht an den objektiven Voraussetzungen. Genau wie in Ihrem Fall sagen die Kennzahlen meist den Erfolg eines Veränderungsprozesses vorher. Dass der Prozess dennoch scheitert, liegt oft am „Faktor Mensch“.
Menschlicher Faktor
Denn letztendlich sind es Menschen, die ein Change Projekt umsetzen. Dabei kann es zu Missverständnissen kommen. Befindlichkeiten können die Zusammenarbeit belasten. Menschliche Widerstände können den Prozess bremsen und sabotieren.
Leider finden die meisten Change Projekte keinen guten Umgang mit dem „Faktor Mensch“: In einer Studie der Unternehmensberatung Mutaree klagen 75% der Angestellten in Veränderungsprozessen über erhöhten Stress und Aufgabenverdichtung. Fast alle Befragten wünschen sich mehr Menschlichkeit, und fühlen sich in ihren persönlichen Anliegen nicht ernstgenommen. Die Ergebnisse sind ein Paradebeispiel dafür, dass menschliche Bedürfnisse bei der Planung und Initiierung von Veränderungsprozessen unberücksichtigt bleiben. Dieses Versäumnis kann dann wiederum eine erfolgreiche Umsetzung des Change gefährden.
Nicht bei Ihnen! Denn Sie sind vorbereitet, indem Sie die folgenden drei Strategien aus der Change Management Praxis berücksichtigen:
Change-Management-Strategie 1: Rechnen Sie mit Menschen
Erfolgreiches Change Management beginnt bei der Projektplanung: Schon im Vorfeld können Sie die Befindlichkeiten und Bedürfnisse der Mitarbeiter berücksichtigen. Auf diese Weise fällt es Ihnen leichter, mögliche Widerstände vorherzusehen und durch gezielte Maßnahmen abzumildern.
Stakeholder-Analyse
Der amerikanische Ökonom John P. Kotter rät an dieser Stelle dazu, eine Stakeholder-Analyse durchzuführen. Als Stakeholder werden alle Personen und Personengruppen im Unternehmen bezeichnet, die vom Veränderungsprojekt betroffen sind. Die Anliegen und Motive dieser Menschen in Bezug auf den Change werden in der Stakeholder Analyse erfasst:
- Erste Frage: Wer unterstützt den Prozess, weil er sich selbst Vorteile erhofft?
- Zweite Frage: Wer steht der Veränderung skeptisch gegenüber und kann noch überzeugt werden?
- Dritte Frage: Wer sieht in der Veränderung eine persönliche Gefahr und wird sie deshalb aktiv blockieren?
Indem Sie sich diese und weitere Fragen stellen, erhalten Sie früh ein Bild davon, mit welchen menschlichen Reaktionen sie während des Change Projektes rechnen können.
Monitoring
Auf Basis der Stakeholder-Analyse können Sie während der Durchführung des Change ein aufmerksames Monitoring durchführen. Dabei überprüfen Sie regelmäßig, wie die Stakeholder tatsächlich auf den Prozess reagieren. Entscheidend dabei ist, wie Sie an die Information für Ihr Monitoring gelangen. Sie haben dafür verschiedene Möglichkeiten:
- Eine quantitative Erhebung mit Fragebögen – ganz nach dem Motto „Wie geht es Ihnen auf einer Skala von 1 bis 10?“. Ergebnis: Eindrucksvolle Säulendiagramme für wenig Geld. Nachteil: Fragebögen geben Ihnen allenfalls eine Antwort auf das WIE, aber nicht auf das WARUM. Vielleicht erfahren Sie, dass Ihre Mitarbeiter unzufrieden sind. Aber Sie haben keine Ahnung woher diese Unzufriedenheit stammt. Außerdem zeigt die Erfahrung, dass Mitarbeiter Fragebögen oft gar nicht oder nicht wahrheitsgemäß ausfüllen.
- Ausführliche Interviews mit ausgewählten Mitarbeitern – Ergebnis: Tiefe Einblicke in die Wahrnehmung einzelner Personen. Nachteil: Die Interviews müssen sehr professionell durchgeführt werden – von unabhängigen Studienleitern mit gezielt ausgewählten Schlüsselpersonen im Unternehmen. Sonst setzen Sie viel Geld in den Sand.
- Gemeinsame Reflexionsangebote bei Change-Events – Ergebnis: Viele Probleme und Lösungsvorschläge kommen auf den Tisch – und wollen umgesetzt werden. Nachteil: Wenn Sie Change-Events regelmäßig durchführen und auch die gesammelten Ergebnisse ernstnehmen und weiterverfolgen, wird das ein teurer Spaß.
Wählen Sie eine oder eine Kombination aus Monitoring-Strategien aus, die Ihren Ansprüchen gerecht wird. Behalten Sie dabei im Hinterkopf: Change Projekte können scheitern, wenn das Management den Kontakt zu den Mitarbeitern verliert. Das wollen Sie nicht riskieren.
Change-Management-Strategie 2: Informieren Sie Mitarbeiter früh und umfassend
Solange ein Mitarbeiter Ihre Change Strategie nicht nachvollziehen kann, wird sie ihm immer bedrohlich und unkontrollierbar erscheinen. Wenn Sie also Ihre Mitarbeiter für sich gewinnen wollen, sorgen Sie für Transparenz und Klarheit.
Selbst wenn eine Entscheidung für Sie bereits feststeht, nehmen Sie sich Zeit für die Perspektive Ihrer Mitarbeiter. Präsentieren Sie die Argumente für den Change aus deren Sichtweise und sorgen Sie für Verständnis. Verdeutlichen Sie Ihren Mitarbeitern – zumindest skizzenhaft – welche Konsequenzen die Fusion in der Zukunft für sie haben wird.
Aus Ihrer unternehmerischen Perspektive mag die Fusion eindeutig sinnvoll und vielleicht sogar notwendig für die Wettbewerbsfähigkeit Ihres Unternehmens sein. Seien Sie sich jedoch bewusst, dass Ihre Mitarbeiter mit anderen Augen auf die bevorstehende Veränderung schauen. Womöglich stehen für Ihre Mitarbeiter die Fragen im Vordergrund, ob sie ihre Jobs behalten und weiterhin der gewohnten Arbeit nachgehen dürfen.
Drei Tipps zur Informationsvermittlung im Change:
- Konzentrieren Sie sich nicht nur auf Ihre eigene Sichtweise, sondern fragen Sie sich, was bei Ihrem Gegenüber ankommt. Forschen Sie immer wieder nach, ob Ihr Gegenüber Sie wirklich verstanden hat.
- Machen Sie die Dringlichkeit der Veränderung deutlich. Wählen Sie dabei gezielt Argumente, die für Ihren Gegenüber, also den Mitarbeiter, zählen.
- Erzählen Sie. Legen Sie nicht nur Daten und Fakten auf den Tisch, sondern lassen Sie Ihr Gegenüber spüren, was Sie sich vorstellen. Präsentieren Sie die Zukunft als bunte, aufregende Geschichte. Kreieren Sie eine Change-Vision, die Ihren Mitarbeiter den Sinn des Change-Chaos nachvollziehbar macht.
Hinweis: Sie möchten mehr zu Storytelling erfahren? Dann schauen sie sich die Video-Lektion „Wie erfolgreiche Menschen Geschichten einsetzen“ aus dem Online-Kurs „Storytelling: Mit guten Geschichten begeistern!“ an:
Change-Management-Strategie 3: Übergeben Sie Mitarbeitern Verantwortung
Einen weiteren Fehler begehen viel Manager, wenn sie ihre Mitarbeiter von bevorstehenden Veränderungen unterrichten.
Veränderung bedeutet Ungewissheit. Das macht zunächst mal Angst. Und diese Angst ist nicht unberechtigt, schließlich geht jeder Veränderungsprozess durch Höhen und Tiefen. Viele Prozessverantwortlichen ignorieren diese Emotionen, anstatt mit ihnen aufmerksam umzugehen.
Stattdessen fordern sie: Vertrauen, Commitment, Lust auf Neues.
Gemeinsam schaffen wir das. Vertraut mir nur.
Diese Phrase hört man von vielen Managern, während sie ihr Unternehmen umkrempelt. Dahinter steckt die egozentrische Überzeugung: Solange ich die Kontrolle behalte, läuft alles gut.
Leider stellt sich das häufig als Fehlannahme heraus. Die Zuversicht der Mitarbeiter mag anfangs noch da sein, verflüchtigt sich aber bald. In Momenten der Unsicherheit schwingt das Vertrauen dann schnell in Widerstand um. Dann heißt es:
Du hast uns … versprochen. Jetzt sind wir hier. Du bist schuld.
Aus Frustration und Enttäuschung heraus dann wieder neues Vertrauen zu schaffen, ist sehr schwer. Der gesamte Veränderungsprozess kann daran scheitern.
Gefühl von Kontrolle
Also, welche Alternative gibt es zu blindem Vertrauen? Geben Sie Menschen ein Gefühl von Kontrolle.
Das Gefühl, Kontrolle zu haben, ist ein oft unterschätztes menschliches Grundbedürfnis und hat einen entscheidenden Einfluss auf unser Wohlbefinden. Was die Überzeugung der eigenen Kontrolle bewirken kann, zeigt folgende Studie vom Münchner Psychologieprofessor Dieter Frey:
Zwei Menschen wurden bei einem Unfall in einer vergleichbar schweren Weise verletzt. Im Krankenhaus werden beide Menschen gefragt, ob Sie glauben, mit dem eigenen Verhalten ihren Heilungsprozess beeinflussen zu können. Einer der beiden sagt:
Meine Gesundheit liegt nicht in meinen Händen. Ich kann nur das Beste hoffen.
Der andere hingegen meint:
Ich weiß, was ich tun kann, um möglichst schnell gesund zu werden.
Jetzt raten Sie mal, wer von beiden schneller gesund wurde? Natürlich der zweite Patient – der überzeugt davon war, Kontrolle über den Heilungsprozess zu haben. Dabei erhielten beide Patienten genau dieselben Reha-Maßnahmen.
Wichtig: Es spielt in erster Linie keine Rolle, ob ein Mensch tatsächlich Kontrolle hat. Allein die Überzeugung, Kontrolle zu haben, genügt, dass dieser Mensch optimistischer und motivierter ist und mit Rückschlägen besser umgehen kann. Dieses Gefühl gilt es in Veränderungsprozessen anzuregen.
Denn natürlich haben Sie recht, wenn Sie anmerken: Veränderungsprozesse sind meist nicht zu 100% kontrollierbar. Vielleicht wollen Sie die Kontrolle auch gar nicht abgeben. Trotzdem können Sie Menschen das Gefühl geben, Kontrolle zu haben – indem Sie Verantwortung übertragen.
Verantwortung übertragen
Bis jetzt haben Sie Ihren Mitarbeitern gegenüber Klarheit gestiftet. Das ist gut. Aber da geht noch mehr. Geben Sie Ihren Mitarbeitern die Möglichkeit, den Change Prozess selbst mitzugestalten. Laden Sie Ihre Mitarbeiter ein, Vorschläge zu bringen. Hören Sie, als Manager, zu und seien Sie offen. Ihren Mitarbeitern Raum zum Mitdenken zu geben, ist einfacher Weg, sie für Ihr Change Projekt zu gewinnen.
Wenn Sie bereit sind, die Befindlichkeiten und Bedürfnisse Ihrer Mitarbeiter zu beachten, Ihre eigenen Absichten klar zu vermitteln und den Mitarbeitern eine Mit-Verantwortung zu übertragen, haben Sie gute Chancen den „Faktor Mensch“ für sich zu gewinnen.
Brauchen Sie Unterstützung in Ihrem Change Management Prozess? Dann schauen Sie sich den Impulsvortrag des TOP-Keynote Speakers Wladislaw Jachtchenko. Auf inspirierende Weise stellt er Ihnen die besten Methoden für erfolgreiche Veränderungsprozesse dar.
Autor: Johannes Stark