Priming: Manipulation durch Vorinformation
Priming: Manipulation durch Vorinformation
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Priming – Manipulation durch Information. Den Priming-Effekt kennen meistens auf Anhieb nur 20 bis 30% der Menschen. Jeder kennt jedoch die Wichtigkeit des ersten Eindrucks. Und genau das ist der Priming-Effekt: der erste Eindruck bestimmt, wie wir andere Informationen wahrnehmen.

Beispiel: Du hältst eine Präsentation. Ich würde Dir auf jeden Fall empfehlen, Dir gerade für die ersten drei bis vier Sätze besonders Gedanken zu machen, mit welcher Laune und mit welchen Worten Du in eine Präsentation einsteigst. Denn die sind prägend für Deine weitere Performance!

Aber das gilt nicht nur für Präsentationen, sondern auch für Bewerbungsgespräche, wo wir ganz genau wissen, wie ich jemanden begrüße und das was ich als Erstes sage, das prägt meinen Eindruck bei meinem möglicherweise späteren Arbeitgeber. Und deswegen geben wir uns ganz viel Mühe.

Hinweis: Möchtest Du mehr darüber erfahren, wie Du einen ersten guten Eindruck bei Deinem Bewerbungsgespräch machst, dann schaue Dir diese Video-Lektion aus dem Online-Kurs „Bewerbungstraining mit Praxisbeispielen und Übungen” an:

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Priming – Beispiele aus der Wissenschaft

Unser ganzes Leben wird vom Priming beeinflusst, das heißt jede Information beeinflusst alle nachfolgenden Informationen. Ich gebe Dir ein paar Beispiele aus der Wissenschaft.

Wissenschaftler haben sich gefragt: Macht es eigentlich einen Unterschied, wenn man einem Restaurant einen anderen Namen gibt? Beispielsweise hat man einer Versuchsgruppe gesagt, es gibt Abendessen  – und das Restaurant nennen wir einfach mal Studio 97. Einer anderen Probandengruppe hat man gesagt, dass es im Restaurant Studio 17 stattfindet.

Was ist passiert? Die Bereitschaft für ein Abendessen zu bezahlen war bei den Gästen des gleichen Restaurants mit den gleichen Speisen viel höher, wenn das Restaurant Studio 97 hieß!

Also: Ich zahle nur mehr, weil die Zahl größer ist – aber die Priming-Information, die größere Zahl, hat die Menschen nachweislich wissenschaftlich beeinflusst.

Gehen wir zum Sport: Man hat gefragt: „Wie gut ist aus Ihrer Sicht dieser Athlet?“ Die Höhe der Nummer auf seinem Trikot war maßgeblich für die Einschätzung. Eigentlich komplett verrückt – aber wahr! Oder etwa die Studie selbst: Man hatte sie Experiment 27 genannt. Dann haben die Menschen ihren Output viel positiver bewertet als in Studie Nummer 9.

Und ich brauche ja nicht zu sagen, dass natürlich auch die Verkäufer oder die Supermärkte mit diesen kleinen Tricks hantieren. Das heißt also: Wenn beispielsweise deutsche Musik in einem Supermarkt gespielt wird, und zwar egal wo auf der Welt, wird eher deutscher Wein gekauft. Sie sehen, was gerade noch im Bestand ist und anschließend spielen sie einfach passende Musik für bestimmte Assoziationen. Und so haben wir eine Manipulation durch Information.

Priming im Alltag

Versuchspersonen wurden folgende zwei Fragen gestellt. Erstens:

„Wie glücklich sind Sie zurzeit?”

Zweitens:

„Wie viele Dates hatten Sie im vergangenen Monat?”

Wenn man die Fragen in dieser Reihenfolge gestellt hat, bestand zwischen den Antworten keine kausale Korrelation. Es gab glückliche Menschen mit vielen Dates, glückliche Menschen mit wenigen Dates, unglückliche Menschen mit vielen Dates und unglückliche Menschen mit wenigen Dates.

Es gab also keine Kausalität und das ist insoweit keine große Überraschung. Aber der Spaß des Priming fing an, als die Forscher einer anderen Gruppen genau die gleichen Fragen gestellt haben. Aber in genau umgekehrter Reihenfolge! Und jetzt gab es plötzlich einen unglaublichen Zusammenhang zwischen beiden Fragen, und zwar eine Korrelation von 0,6.

Forscher träumen immer von Korrelationen über 0,5 – also 0,6 bedeutet: Es gibt eine Kausalität zwischen beiden Fragen. Menschen mit mehr Dates haben also angegeben, zufriedener zu sein und Menschen mit weniger Dates gaben an, unzufriedener zu sein. Denn sie haben das Glück unter dem Schatten ihrer Dates betrachtet, die Frage prägte also die Antwort auf die nächste Frage. Und das ist natürlich etwas, was im Alltag genutzt werden kann.

Botschaft Nr. 1: Achte auf Dein Gegenüber

Heißt also: Wenn Du gerade jemanden vor Dir hast, dann achte immer darauf, welche Informationen er Dir gibt. Ist es Zufall, dass gerade im Supermarkt deutsche oder „gutgelaunte“ Musik gespielt wird?

Achte auf Deinen Gesprächspartner. Das muss nicht heißen, dass er Dich manipulieren möchte, aber es muss auf jeden Fall so sein, dass Dich diese Information in eine ganz bestimmte Richtung prägt. Und wenn Du das nicht möchtest, wenn Du diesem Priming-Effekt aushebeln möchtest, dann achte zumindest in den wichtigen Gesprächen immer darauf, mit welcher Information an Dich der andere anfängt.

Manche machen das nicht bewusst. Die Menschen manipulieren häufig ganz unbewusst –  aber man muss sich natürlich in beiden Fällen dagegen zu wehren wissen.

Botschaft Nr. 2: Negatives und positives Selbst-Priming

Ich kann Menschen positiv oder negativ primen, aber es gibt auch ein Selbst-Priming. Das heißt also, mit den eigenen Gedanken primen wir uns selbst. Und wenn wir über etwas nachdenken, beispielsweise wenn wir ausgehen und jemanden kennenlernen möchten, dann gibt es Menschen, die sich selbst negativ primen und sagen:

„Ja, das bringt doch sowieso nichts, ich werde sowieso niemanden kennenlernen und werde ein ewiger Single bleiben!”

Dieses negative Selbst-Priming führt dazu, dass es eine sich selbst erfüllende Prophezeiung wird, weil ich selbst mich darauf „getrimmt“ habe, dass nichts passieren wird, dass ich wenige Menschen ansprechen und niemanden kennenlernen werde.

Selbiges gilt für Vertriebler, die telefonische Kaltakquise machen müssen. Wenn sie nicht von ihrer Arbeit überzeugt sind oder keine Lust darauf haben, primen sie sich negativ, was Auswirkung auf ihre Stimmung und Stimme am Telefon haben wird. Und das bedeutet, die Erfolgswahrscheinlichkeit ist eher gering. Achte also auch auf Deine eigenen Gedanken, wenn Dein Gesprächspartner Dir etwas vorschlägt.

Meistens ist der allererste Gedanke nicht der beste. Und wenn Du darüber nachdenkst, wird es vielleicht einen zweiten und dritten Gedanken geben, der noch besser ist. Somit wäre Dein erstes, intuitives, negatives Priming nicht das Beste.

Das funktioniert nach der Methode des Brainstormings. Hier filterst Du auch nach guten Ideen. Lass Dich nicht von diesem negativen Priming beeinflussen, sondern macht Dir weitere Gedanken darüber, was denn alles Gutes passieren könnte und was dann alles positiv wäre.

Damit hast Du nicht nur ein glücklicheres Leben, sondern wahrscheinlich auch ein erfolgreiches Leben, weil Du Dich auf etwas Positives primst! Auf positive Gedanken folgen positive Emotionen und positive Handlungen. Viel Erfolg!

Autor: Wladislaw Jachtchenko

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Über den Autor

Wladislaw Jachtchenko ist mehrfach ausgezeichneter Kommunikations-Experte, TOP-Speaker in Europa, mehrfacher SPIEGEL-Bestseller Autor und gefragter Business Coach.

Er hält Vorträge, trainiert und coacht seit 2007 Politiker, Führungskräfte und Mitarbeiter namhafter Unternehmen wie Allianz, BMW, Pro7, Westwing, 3M und viele andere.